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EINLEITUNG
Der
studentische Kurzfilm »Teufel & Schwan« ist eine experimentelle
Erzählung, basierend auf dem »Ophelia-Motiv« und der
sich daraus entwickelnden »Wasserleichenpoesie«, mit dem Ziel
des Herauslösens der Opheliagestalt aus ihrem Kontext. Dargestellt
wird ein Zyklus, eine symbolische Lebensreise, eine Metamorphose, ein
regressiver Akt, ein Prozess des Naturwerdens im Bezug auf das Streben
eines weiblichen fragmentierten Körpers nach Rekomposition. Es geht
um eine innere subjektive, zeitenthobene, surreale Welt, um Gedanken und
Gefühle, welche sich in dem Tod einer jungen Frau durch ertrinken
und damit verbunden dem Prozess des Naturwerdens, manifestieren sowie
um eine Parallelwelt, in welcher ein Teufel und ein Schwan mitspielen,
die in einer wechselseitigen Beziehung zu der Protagonistin und ihrem
Schicksal steht. Dabei kommt ein Fundus kultureller, emotional aufgeladener
Symbole, kollektive Erinnerungen zum Vorschein, literarischer und bildlicher
Darstellungen des Todes, sowie des ausweglosen, schicksalhaften Weges
dahin und darüber hinaus. Mit immer wieder auftauchenden Andeutungen
von Geheimnissen und Schicksal, entstehen irreale, traum-, sowie märchenhafte
Bedeutungsebenen. Der Film ist eher der Komposition als der Narration
verpflichtet. Mit dieser Erzählung sollen sich die Sichtweise, die
Arten der Interpretationen und Variationen verschieben, sich verweben,
und Interesse wecken, sowie zu einem befruchteten (Inneren und Äußeren)
Austausch anregen. Ein Prozess der Umdeutung soll beim Betrachten stattfinden,
ein Hinterfragen der auftauchenden Symbolik und des Geschehenen, hin zu
einer Selbstdeutung, sowie empathischen Bezügen. Ermöglicht
werden sollen diese Bezüge gerade durch die sich in der Frau zeigenden
Ambivalenzen, ihrer Reise, ihrem Streben und ihren Ängsten, welche
sie zu einer »Hohlform«, zu einem »Deutungs-Vakuum«
machen, in welche die individuellen Assoziationen und Interpretationen
des Betrachters einfließen können. Ein konkretes Erklärungsmodel,
wie es zu dem dargestellten Handlungsverlauf dieser jungen Frau kommt,
fehlt in der Erzählung weitgehend (wird jedoch durch die Parallelwelt
des Teufel und des Schwans angedeutet), würde aber auch die Hauptperson
zu einem individuellen Extremfall reduzieren. Dabei ist es gerade ihr
merkwürdiges Verhalten, ihre Umgebung, ihre Beziehung zum Teufel
und zum Schwan, ihr Weg, ihre Reise, die Interesse weckt und zu einer
intensiven Auseinandersetzung mit dem Film auffordert.
HANDLUNG
Ein
Mädchen wandert in Gedanken versunken mit einem Koffer einsam über
Felder und Wiesen. Entwurzelt, alleingelassen mit ihrem Schicksal, ihrer
Sehnsucht, ihrem Streben nach Andersheit, nach Ganzheit, ihren aufkeimenden
Zweifel und inneren Konflikten, zieht sie über das Land. Sie kommt
an einen Waldrand. Sie zögert, entschließt sich aber ihren
Weg durch den Wald fortzusetzen. So geht sie weiter, in sich gekehrt,
versunken in ihren Träumen und ihren Wünschen. Im Wald verliert
sie nach und nach die Orientierung und verläuft sich in der Natur,
verirrt sich in ihren Sehnsüchten. Immer wieder bleibt sie stehen,
kniet nieder und blickt in den Koffer, welchen sie mit sich trägt.
Die Welt des Teufels und des Schwans ist an das öffnen des Koffers
gekoppelt und tritt damit in Erscheinung. Im Grunde erfährt man nie
wirklich was sich in diesem Koffer befindet, er ist aber die »Verbindung«,
das »Tor« zur Welt des Teufels und des Schwans und scheint
so mit dieser in enger Beziehung zu stehen. So strebt die junge Frau weiter,
überwindet Hindernisse und Grenzen und dringt tiefer und tiefer in
den dunklen, immer dichter werdenden Wald. Angst und Panik kommen in ihr
hoch, gleichzeitig aber nimmt auch ihr streben, ihr drängen zu, ihr
Ziel zu erreichen. Der ihr entgegengebrachte Widerstand nimmt dadurch
stetig zu. Schließlich macht die Enge und Dichte der Bäume
und Äste ein weiterkommen unmöglich und so dringt sie in ein
Loch in der Erde ein, schiebt sich voran, gräbt sich immer weiter,
tiefer und tiefer, bis zur größtmöglichen Dichte, bis
sich schließlich die Verwandlung, Metamorphose vollzieht, sie sich
in der Erde auflöst und sie Eins wird mit der Natur. Im darauf folgenden
Wasser erfährt die Subjektauflösung ihre Umkehr. Der fragmentierte
Körper setzt sich wieder zusammen und strebt wieder nach oben, aus
der tiefe des Gewässers, an die Wasseroberfläche, wo sich ihre
Lebensreise, dahin treibend auf dem fließenden Wasser, fortsetzt.
Der Zyklus setzt sich so fort. Es ist eine Reise vom Hellen ins Dunkle,
vom Dunklen ins Helle, ein Abstieg sowie ein Aufstieg, eine Reise in ihr
Inneres. Ihr Körper wird zur Landschaft und die Landschaft zu ihrem
Körper.
UMSETZUNG
Bereits
die ersten Bilder sollen dem Betrachter bewusst, respektive unbewusst
Hinweise liefern, daß es sich um keine konkrete Abbildung der Wirklichkeit
handelt, sondern um eine surreale Erzählung. Es handelt sich nicht
um die objektive Darstellung einer realen Welt, sondern um die Phantasie,
die subjektive Sicht und irreale Wahrnehmung, die Gefühle, Gedanken
und Träume eines Menschen als Gegenwelt zur Realität. Dieser
surreale Eindruck wird durch das Verwenden analoger Animationstechniken
wie »Pixelation« und dem »Timelabs«-Verfahren
hervorgehoben. Daran angelehnt wechselt es auch immer wieder in die im
»StopMotion«-Verfahren aufgenommene Welt des Teufels und des
Schwans, einem Ort, der sich völlig allem Realen entzieht und der
als eine Art Parallelwelt zu verstehen ist, die in einer wechselseitigen
Beziehung zum Unterbewussten der Frau steht. Durch die hier angewandte
StopMotion-Animationstechnik, dem Auftauchen von surrealen, symbolischen
Figuren und Gegenständen, entsteht eine völlig andere Filmästhetik,
die im Kontrast zu den »real« aufgenommenen Sequenzen steht.
So hebt sich diese phantastische Welt deutlich von der imaginären
Sphäre der jungen Frau ab und zeigt sich als parallel zur Realität
existierende, auf alles Einfluss nehmende Welt.
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